Sprühkleber und Klebevliese zum Sticken

Ihr kennt es sicher alle, die einen schreien laut „NEIN“ wenns um Sprühkleber geht beim Sticken, die anderen schwören, dass richtig gute Stickergebnisse auf Stretchstoffen und anderen heiklen Stoffen nur damit in höchster Qualität zu sticken sind. Und wie ist das mit dem selbstklebenden Stickvlies?Da gibt es immer viele Fragen und viele Halbwahrheiten, persönliche Meinungen und Gerüchte.
Ich sage, es kommt darauf an WIE man die Produkte verwendet! 


Ich werde in diesem Post die verschiedenen Produkte vorstellen und Euch erklären, wie ihr sie benutzt und wann welches davon geeignet ist. Nähpark hat mir zu diesem Test einige Produkte zur Verfügung gestellt, ich selbst habe natürlich zu Hause nicht ein so großes Sortiment! Am Ende gibts noch ein Kurzinterview, das Euch die Auswirkungen von Klebevliesen und Sprühkleber auf die Maschinen aus Techniker-Sicht erklärt.
Getestet habe ich sowohl selbstklebendes Stickvlies, davon 4 Sorten, als auch 6 verschiedene Sprühkleber für die Textilverarbeitung.

Warum überhaupt kleben?
Mit selbstklebendem Vlies oder Sprühkleber lässt sich Stoff fixieren, ohne, dass er in den Stickrahmen eingespannt werden muss, so vermeidet man Abdrücke des Stickrahmens auf dem Stoff UND kann kleine Stoffstücke auf dem Vlies anbringen, die zum Einspannen zu klein wären oder Stoffe fixieren, die zum Einspannen schlicht zu dick oder steif sind, wie z.B. Leder oder Gurtband. Ebenso klebt man gelegentlich dünne und dehnbare Stoffe auf, hier auch vor dem Einspannen des Vlieses, damit sie beim Sticken wirklich ohne Dehnung fixiert sind. Dies ist wirklich nur bei sehr dichten oder grossen Motiven nötig. Grundsätzlich stablilisieren man so den Stoff auf dem Vlies, sodass er sich weder dehnen, noch verrutschen kann.

1. Selbstklebende Vliese

Ihr bekommt sie bei div. Händlern von div. Herstellern unter dem Namen „Stickvlies selbstklebend“.
Grosser Vorteil ist, dass nichts gesprüht werden muß.


 Das Vlies wird mit der Schutzfolie nach oben einfach in den Rahmen gespannt. Dann wird an der oberen Inneseite des Rahmens die Schultzfolie leicht eingeritzt. Jetzt kann man im Rahmen die Schutzfolie abziehen und hat eine Klebefläche.

Die Klebekraft ist sehr höher als bei den Sprühklebern, das war bei all den getesten Vliesen sehr nahe beieinander. Am besten klebt das „OESD Hydrostick„. Großer Nachteil der Stickvliese ist, dass sie komplett flächig mit einer Klebeschicht versehen sind, so gelangt viel mehr Kleber in die Maschine und an die Nadel, da diese sich nicht an klebefreien Stellen säubern kann, also dies bei Sprühkleber-Verwendung der fall ist. Preislich sind sie teurer als Sprühkleber und Vlies einzeln. 

Oft ist jedoch ein „Flicken“ des Vlies nach dem Sticken möglich, wenn die Stickerei nicht zu groß ist, die Stickerei kann dann vorsichtig ausgerissen werden… das Loch im Stickvlies wird einfach durch ein Stück Vlies wieder gescchlosssen, das geht auch mehrmals. So kann man Material sparen und muß nicht dauernd komplett neu einspannen.

Sulky Filmoplast  und  Madeira Cotton Fix
Beides Vliese auf Papierbasis mit bereits aufgebrachter selbstklebender Schicht unter einer Schutzfolie
Filmoplast hat eine karierte Papierseite, dies ist ein Vorteil beim Zuschneiden.
Die Schutzfolie ist etwas steifer als bei Madeira Cotton, das „CottonFix“ ist etwas dicker, aber dabei weicher. Das Madeira gefiel mir beim Einspannen besser. Es klebt etwas fester als das Filmoplast.

Da diese Klebevliese mit normalem Stickvlies definitiv eine höhere Klebekraft als Sprühkleber haben, lassen sie sich von der Rückseite innerhalb der Stickei (Lücken) eher schlechter entfernen. Bei manchen Stickereien wäre das ein Problem, weil diese durch das verbleibende Vlies zwischen Lücken sehr steif bleiben.

Für solche Anforderungen eignet sich dann eher ein selbstklebendes Stickvlies mit wasserlöslichem Vlies:
Freudenberg solufix:
Ein besonderes Produkt bei den selbstklebenden Stickvliesen, da sich der Vliesanteil und der Kleberanteil komplett auswaschen und dadurch die Stickereien lockerer werden. Ich verwende so etwas für grosse Stickereien auf Shirts oder anderen dehbaren Stoffen oder Frotteehandtüchern, wo die Stickerei auf keinen Fall steif sein darf, aber eine gute Fixierung notwendig ist, oder bei leichten Stoffen, sowie Seide u.ä, die keine „feste“ Stickerei mit verbleibendem Vlies vertragen.

Noch ein anderes Konzept steckt hinter:
OESD Hydrostick:
Hier muß die Klebeschicht durch leichtes Anfeuchten aktiviert werden. Unter den vorgestellten Klebevliesen das flexibelste, da es ja keine Schutzschicht hat. Beim Einspannen dadurch einfacher zu handhaben und leichter zu spannen. Man braucht auch nicht in der Innenseite des Rahmens ausreissen, es wird nur mit Schwamm o.ä. minimal angefeuchtet. Die Klebewirkung ist sehr hoch, das Vlies kann nach dem Sticken ausgerissen werden.  Solange das Vlies feucht ist, kann das Material noch verschoben werden, nach dem Antrocknen klebt es sehr fest. Die Klebeschicht muß nach dem Sticken/Trocknen durch Wasser wieder gelöst werden. Dieses Vlies ist darf als maschinenschonend bezeichnet werden, da von der getrockneten Klebeschicht nichts in die Maschine und an die Nadel gelangt.


Sprühkleber
Unter den Namen „Sprühkleber“, „Sprühfixierer“, „Sprühzeitkleber“ findet man diverse Sprühkleber zum Fixieren von Stoffen. Ich stelle Euch ein Paar vor und zeige Euch die Unterschiede und meine Erfahrungen.
Die Kleber unterscheiden sich in Klebekraft, Zusammensetzung und die Feinheit des Sprühnebels, sowie die Löslichkeit. Im Preis sind sie günstiger als die Klebevliese, schneller zu verarbeiten und haben i.d.R. eine geringer Klebekraft, eher haften sie. Alle Produkte sind natürlich FCKW frei.

Grundsätzlich ein Paar Tips zur Anwendung:
Man sprüht NIE an oder in der Nähe von Maschinen oder bei eingelegtem Rahmen.
Gesund ist Sprühnebel natürlich nie, genausowenig wie alles andere, das mit Sprühflaschen verwendet wird.
Die Kleber haben aber i.d.R. einen groben Sprühnebel mit schweren, groben Klebetröpfchen, die kaum streuen, d.h. er sprüht zielgerichtet auf und nicht in den ganzen Raum. Kurze Entfernung und wenig Aufsprühen hilft, unnötigen Sprühnebel zu vermeiden. Wenig reicht, die Produkte kleben sehr gut auch bei minimaler Aufsprühung. Grundsätzlich heißt die Devise: Nur dann wenn nötig und möglichst sparsam, es reicht völlig, wenn der Stoff gut haftet, damit er sich beim Sticken nicht verzieht.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Sprühkleber aufzubringen. In der Regel spannt man das Stickvlies in den Rahmen und sprüht dann in die Mitte des Vlieses. Dies macht man, wenn man kleine Stücke besticken möchte, die man nicht einspannen kann oder wenn man das Stoffstück nicht einspannen möchte, wie z.B. bei dicken Materialien oder kleinen Stücken.

Man kann auch das lose Vliesstück vor dem Einspannen einsprühen. Dies muß man ja tun, wenn man den Stoff mit einspannt. Nur bei sehr wenigen Materialien ist es nötig zu kleben UND Einszuspannen. Einsprühen vor dem Einspannen hat aber grundsätzlich den Vorteil, dass man sich so den Rahmen weniger verschmutzt und der Stoff wirklich flach aufgeklebt werden kann. Ich bereite mir so manchmal ein Paar Stücke Vlies im Freien vor und verarbeite sie dann nach und nach. Die Haftwirkung der Kleber reicht immer ein Paar Stunden oder sogar Tage.

Zur Auswirkung der Sprühkleber auf die Maschinen findest Du am Ende ein Kurzinterview mit einer „Nähmaschinen-Fachfrau“.
 

Und hier die einzelnen Sprühkleber im TEST:

Takter 650 (Brildor)
geruchsarm und der Sprühnebel ist eher grob, Haftkraft sehr hoch. Wäscht sich komplett aus bei der ersten Wäsche, jedoch nicht kaltwasserlöslich. Reinigung der Rahmen etc. mit warmem Wasser und Seife/Spüle gut möglich. Sehr gutes Preis/Mengen Verhältnis. (Preis: 3,19/100ml).

OESD Sprühkleber DK 505
In Produkteigenschaften und Klebeverhalten sehr ähnlich dem Brildor, Mehr Klebespuren am Stoff nach Abziehen. Riecht er mehr chemisch und läßt sich nicht ganz so präzise dosieren. (Preis: 2,70/100ml).

Madeira Sprühzeitkleber MSA 1100
Sehr hohe Klebekraft, feiner Sprühnebel, daher sehr sparsam im Verbrauch. Trocknet sofort und muß dann zügig verarbeitet werden. Hafteffekt verschwindet nach etwa 2-5 Tagen, muß also nicht zwangsweise ausgewaschen werden. Riecht leicht nach Zitrone und etwas chemisch. Hier fand ich den Geruch auch längerfristig sehr unangenehm, dieser Kleber würde für mich alleine deshalb ausscheiden.

Prym Sprühkleber
(Preis: 3,96/100ml)
Feiner Sprühnebel, gute Klebekraft, trocknet etwas langsamer auf, hat aber eine Besonderheit: Reinigung erfolgt mit Wasser und Seife, ist also vollständig auswaschbar aus Textilien UND Rahmen können einfach abgewaschen werden. Für viele Arbeiten ein großer Vorteil. Geruchsarm.

Mettler Webbond
(Preis: 4,03/100ml)
sprüht eher „spinnenetzartig“ und grob, eher linienartig, das soll so sein, denn der Kleber hinterläßt so weniger Klebeflächen auf dem Vlies, so kann sich die Nadel in kleberfreien Bereichen gut reinigen. Am aufgeklebten Stoff bleibt nichts kleben. Vorteil: Klebt sehr lange, so kann man auch auf Vorrat Stickvliese herrichten,die man später verwenden möchte. Verschmutzung der Maschine geringer als bei anderen Klebern. Die Klebewirkung ist sehr gut,  das Produkt hat keinen auffälligen Geruch. Gehört zu meinen Favoriten.

Zum Reinigen habe ich Mettler GOO Away getestet.
er ist auf den Mettler Kleber abgestimmt. Einfach auf ein altes Tuch oder Wattebausch besprühen und Rahmen damit abreiben. Geht ganz leicht und ist auch geeignet, um mit Wattestäbchen in der Maschine leicht zu reinigen.

Nun soll es nochmal darum gehen, welche Auswirkungen Klebevliese und Sprühkleber auf die Maschinen haben und wie man Schäden vorbeugen kann bzw. richtig arbeitet.

Dafür hat mir Petra Neuhierl vom Nähpark ein Paar Fragen im Kurzinterview beantwortet:

1. Werden Nadeln und Innenteile der Maschine von Spühkleber schmutzig und damit in der Funktion beeinträchtigt?
Ja, die Nadeln werden von Klebevlies und auch Sprühkleber verklebt, dadurch kann die Funktion beeinträchtigt werden. Man kann die Nadel zwischendurch auch leicht reinigen, in dem man diese regelmäßig mit einem öligen Tuch abwischt, sie sollte häufiger gewechselt werden. Das Klebemittel wird in die Maschine transportiert und kann vor allem den Greifer beeinträchtigen.
Dies betrifft auch die Spulenkapsel, regelmäßige Reinigung ist unbedingt nötig, um Schäden zu vermeiden.

2. Wie oft sollte man die Maschine zum Kundendienst geben, wenn man öfter Sprühkleber/Klebevlies benutzt?
Beim regulären Kundendienst wird die Maschine hier entsprechend gereinigt und von Kleberesten befreit wird. Wer gerne und viel stick und mit Klebemittel arbeitet, sollte die Maschine mindestens einmal im Jahr zur Wartung geben.

3. An welchen Stellen und wie kann der Nutzer selbst seine Maschine selbst reinigen?
Je nach Greifersystem kann man die Greiferbahn und Spulenkapsel auch selbst reinigen. Bei Maschinen mit einer „oben liegenden Spule“ kann man die Spulenkapsel entfernen und hier Sprühkleber Reiniger auf ein Wattestäbchen oder Tuch geben und die Greiferbahn intensiv reinigen.

4. Müssen Rahmen gereinigt werden oder ist dies nur ein optischer Effekt?
Die Rahmen müssen nicht zwingend gereinigt werden, dies ist überwiegend ein optischer Effekt. Nur bei sehr feinen Stoffe können dicke Kleberreste hinderlich sein. 

5. Gibt es in diesem Punkt einen Unterschied in der Verwendung von selbstklebendem Stickvlies und Sprühkleber?
Bei selbstklebenden Stickvlies ist die Klebeschicht gleichmäßig und permanent das bedeutet die Nadel kann bei jedem Einstich den Kleber transportieren. Wenn man Sprühkleber vorsichtig dosiert besteht hier der Vorteil, dass sich die Nadel zwischendurch auch wieder „abstreifen“ kann. Bei Sprühkleber wie z.B. bei WEB Bond von Amann/Mettler der keinen Sprühnebel erzeugt, sondern die Klebefläche eher wie ein Netz aufsprüht ist hier die „Nadelreinigung“ noch eher gegeben. Ebenso kommt beim OESD Vlies, das mit Wasser aktiviert wird so gut wie nichts in die Maschine.

6. Welche Empfehlungen gebt ihr zur grundsätzlichen Verwendung von Sprühkleber/Klebevlies?

Unsere Empfehlung zur Verwendung von Klebemitteln ist diese nur dann zu verwenden, wenn es sich nicht vermeiden läßt und für gute Stickergebnisse nötig ist, doch die Empfehlung ist generell hier sehr dosiert zu Arbeiten und die Maschine regelmäßig zu Reinigen.


So ich hoffe, Ihr habt bis hierher durchgehalten und ein Paar Infos bekommen, die für Euch nützlich sind, ich habe beim Testen und Erstellen wieder eine Menge gelernt! Un dich weiß jetzt, was ich für mich persönlich bevorzuge!


Herzlichen Dank an Nähpark für das zur Verfügungstellen der Kleber und Vliese !

Ohne diese wäre der Test nicht möglich gewesen. Und ebenso ein Danke an Petra vom Nähpark für das Interview! Grossartig, wenn man Infos aus erster Hand von Leuten bekommt, die wirklich reichlich Erfahrung haben ! Ich lerne da auch immer noch dazu !

 


5 Gedanken zu „Sprühkleber und Klebevliese zum Sticken

  1. Danke für deinen tollen Bericht, wieder was dazugelernt! Ich weiss jetzt, welchen Kleber ich als nächstes kaufe.Liebe Grüsse Tanja

  2. Das war wirklich sehr interessant, Danke. Habe bisher nicht oft auf Klebevlies oder Sprühkleber zugegriffen, weil ich immer dachte dass es meiner Maschine schadet..bzw. sie nicht mehr richtig funktioniert….LG Lilli

  3. Hej Nette,vielen Dank für den interessanten Beitrag! Da ich noch relativ frisch mit meiner <sticki unterwegs bin und im Ausland lebe, habe ich ein paar gute Tips aus deinem Blogpost mitnehmen können. Der Geruch stört mich auch beim Sprühkleber, aber hier gibts nur 1 Sorte bei Stoff und Stil :0) ganz LG aus Dänemark Ulrike

  4. Liebe Nette, danke für deinen ausführlichen Post über die Fixierungsmöglichkeiten des Stickguts. Ich gehöre zu den Nicht-gerne-Klebespray-Verwendern. Das liegt einfach an dem für mich unangenehmen Geruch und dem Sprühnebel, den ich nicht gerne einatme. Daher arbeite ich vorwiegend mit Klebevlies. Zum Ablösen der Schutzfolie vom Klebevlies verwende ich einen Nahttrenner und beginne in der Mitte des Rahmens. Mit dem Nahttrenner kann man wunderbar unter die Folie einstechen ohne das eigentliche Vlies zu beschädigen. Mit der Schere geht das bei mir nicht so gut. Auch die (teuren) extra dafür angebotenen Metallstifte (den Namen, unter dem ich das damals gekauft habe, fällt mir leider nicht mehr eine)sind schwer und funktionieren auch nicht so gut. Herzliche Grüße aus dem HegauInge / Inges Stickstüble

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